Eines scheint klar – die alten Regeln in Bezug auf die Entwicklung eines sind seit ein paar Jahren komplett aus den Angeln gehoben. Unternehmensgröße ist zwar nach wie vor relevant, steht aber nicht mehr an erster Stelle. Der Kurs eines erfolgreichen, global agierenden Unternehmens wurde in der Vergangenheit maßgeblich durch ein stetiges und stabiles Wachstum geprägt. Kursänderungen traten in Form von Produktinnovationen oder Kostensenkungsprogrammen auf, die dann in den nachfolgenden Perioden (hoffentlich) zu einem besseren Geschäftsergebnis geführt haben. Stabilität und solides, langfristiges Wachstum waren das vornehmliche Ziel.

Die heutigen und zukünftigen technologischen Möglichkeiten, um neue digitale Geschäftsmodelle umzusetzen, haben diese Regel radikal geändert. Immer wieder hört man, dass die digitale Revolution exponentiell stattfindet. Aber was bedeutet dies? Technologische Möglichkeiten und Neuerungen entwickeln sich nahezu unvorhersehbar auf einer exponentiellen Kurve und offenbaren eine Realitäts-Lücke zwischen der bisherigen Unternehmensentwicklung und den technologischen Möglichkeiten, die ein schnelles und flexibles Analysieren, Entscheiden und Umsetzen verlangen.

Digitale Technologien wie KI und IoT verändern die Wirtschaft in rasantem Tempo. Obwohl schon in Tausenden Unternehmen weltweit eingesetzt, werden dennoch die meisten großen Möglichkeiten noch gar nicht genutzt, denn nicht alle Mitarbeiter werden auf die Reise mitgenommen!

Es entstehen neue Methodiken, deren Umsetzung und Adaption ganze Prozesse revolutionieren. Sie betreffen die Produktentwicklung, die Produktion, den Kundenservice und Support, und den Verkaufsprozess. Technologie ist heute ein zwingender Bestandteil einer jeden Unternehmensentwicklung. Aber bei welchen Themen sollte man besser am Ball bleiben und welchen Trend kann man getrost verschlafen?

Abbildung 1: Realitätslücke bei exponentiellen Technologien

Die Schlagworte und Trendthemen von heute sind Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz und Blockchain. Quantum Computing steht bereits in den Startlöchern und die Cloud ist vielleicht schon ein alter Hut? All diese Themen verändern die Art und Weise, wie wir heute konsumieren, uns informieren, Waren und Dienstleistungen bestellen und liefern lassen. Und zwar in einer Geschwindigkeit, die wir vor drei bis fünf Jahren noch für undenkbar gehalten haben.

Wie sind Unternehmen heute aufgestellt, um diese Herausforderung zu meistern? Reicht es, einen Chief Digital Officer einzustellen und abzuwarten, ob dieser alle digitalen Herausforderungen adressieren kann?

Betrachten wir den Fall des Chief Digital Officer, den der Vorstand als die eierlegende Wollmilchsau der Digitalisierung installiert hat. Im Idealfall ist er belesen im Umgang mit den digitalen Trendthemen, kreativ und weitsichtig, vernetzt und strategisch sattelfest. Doch hat er auch Zugang zu den richtigen Instrumenten für die Umsetzung? Besteht die Möglichkeit des Eingriffs auf die Infrastruktur, die in der Hoheit des CIO liegt? Und was muss getan werden, um kulturell die Mitarbeiter nachhaltig abzuholen, sie zu gewinnen und nicht von der Entwicklung abzuhängen. Reicht ein Kick-off und dann ist jeder digital in seiner Arbeitsweise?

Einige Unternehmen verfolgen bereits umfassende Digital-Strategien, viele Unternehmen jedoch verfolgen digitale Insel-Lösungen oder suchen noch nach der passenden Strategie. Vor allem der deutsche Mittelstand hat die Bandbreite von Digitalpionier bis Digitalverweigerer komplett besetzt.

Abbildung 2: Digitale Technologien und Arbeitsweisen

Um deutlich zu sagen: Wir befinden uns in einer Revolution – nicht in einer Evolution, so sehr dies manche CEO´s und CIO´s auch glauben wollen. Die Veränderungen sind tiefgreifend und Abwarten ist nicht die präferierte Strategie. Doch wie geht man vor? Wie behält man den technologischen Überblick? Welche Methodik greift am besten? Und wie wird das ganze finanziert bzw. welche Budgets werden allokiert?

Was sind also die relevanten Maßnahmen und nachhaltigen Vorgehensweisen, um die oben beschriebene Realitätslücke wieder zu schließen? 

Heute findet die Digitalisierung vornehmlich im Vorstand und der IT statt und wird häufig technikverliebt geführt. Zudem stehen Kosteneinsparungen und Automatisierungskonzepte an erster Stelle und schüren die Angst bei Mitarbeitern, dass Arbeitsplätze wegen der neuen Technologien abgebaut werden.

Ein gutes Beispiel ist hierfür die Technologie der Robot Process Automation (RPA), die gerade im deutschen Markt sprunghaft in allen Unternehmensbereichen eines Unternehmens Einzug hält und menschliche Arbeitsschritte durch softwaregesteuerte Roboter ersetzt.

Jene Organisationen, die digitale Technologien wie KI nur nutzen, um die Belegschaft zu verkleinern, werden nur kurzfristige Produktivitätszuwächse verbuchen können. Die deutlichsten Leistungszuwächse werden laut einer Studie von Accenture mit über 1.500 Unternehmen jedoch dann erzielt, wenn Mensch und Technik zusammenarbeiten.

Hierfür ist es entscheidend, dass die Offenheit und Beteiligung aller Mitarbeiter gefördert wird. Die führenden Unternehmen der Zukunft werden diejenigen sein, die die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter und die Möglichkeiten digitaler Technologien klug kombinieren und die Voraussetzungen schaffen, am immer komplexer und dynamischer werdenden gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Bildung und die transparente und einfache Heranführung an die aktuellen Technologien für Jedermann ist dafür die entscheidende Voraussetzung. Die Innovationskraft des Unternehmens sitzt nicht in dem digitalen, jungen IT Nerd, der als Talent am Markt sowieso nur schwer einzukaufen ist, sondern im Erfahrungsschatz alle Mitarbeiter.

Damit aus diesen Mitarbeitern kein Kollateralschaden wird, sondern aktive digitale Gestalter bedarf es eines kontinuierlichen und spielerischen Umgangs mit den neuen Möglichkeiten, der Kreativität freisetzt und es dem Mitarbeiter ermöglicht, einen aktiven Beitrag zu leisten.

Digitalisierung funktioniert nur als Mitmach-Bewegung aller, die erkannt haben, dass sie in die Lage versetzt werden, mit den neuen Technologien etwas zu bewegen und Ihren Job abwechslungsreich und angstfrei gestalten können. Das Lernen und Verstehen ist der wichtigste Teil, eine digitale Offenheit zu wecken und diese nachhaltig in der Organisation zu verankern. Damit aktivieren die Unternehmen erfahrene Mitarbeiter als Quelle digitaler Innovation und heben verborgene Potentiale.

Um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden, ist eine kontinuierliche Transformation von Arbeitsabläufen und der dazugehörigen Aufbauorganisation unvermeidbar. Dies kann jedoch nur erfolgen, wenn alle Mitarbeiter abgeholt und beteiligt werden.

Abbildung 3: Erfahrene Mitarbeiter als Quelle digitaler Innovationen nutzen